Kontakt: juergen.rixe@yahoo.de

 

Die Hegelsche Linke I (D.F. Strauß, A. Ruge, B. Bauer)

Unter dem Thema der Hegelschen Linken mit seinen Repräsentanten David Friedrich Strauß, Arnold Ruge und Bruno Bauer soll nur ein historisch relativ kurzer Abschnitt der Philosophiegeschichte im deutschen Vormärz beleuchtet werden und zwar die Zeit zwischen 1835, dem Jahr des Erscheinens vom “Leben Jesu” von Strauß, und 1844, als erst - und zugleich letztmalig die „Deutsch-Französischen Jahrbücher“ erschienen, herausgegeben von Arnold Ruge und Karl Marx.

Die Bezeichnung “Hegelsche Linke”, man spricht auch von Linkshegelianismus und Junghegelianern, legt nahe, daß es sich dabei von Anfang an um eine politische Bewegung handelte. Dem ist nicht so. Die Benennungen „Links-„ und „Rechtshegelianismus“ stammen von David Friedrich Strauß (von 1837); er wollte damit das Verhältnis der Anhänger Hegels, der 1831 gestorben war, in ihrem Verhältnis zum Christentum kategorisieren. Die Mitglieder der Hegelschen Rechten, so Strauß, verstehen das Christentum, besehen im Licht der Hegelschen Philosophie, in der herkömmlichen und traditionellen Weise.

Die Mitglieder der Hegelschen Linken dagegen halten eine völlige Revision des Christentums, eine neue Reformation für notwendig, sofern diese Religion noch irgendeinen Sinn haben will. Nach dem Theorieansatz des Linkshegelianismus galt das herkömmliche Verständnis des Christentums als nicht mehr akzeptabel!

Zur Hegelschen Linken werden unter anderen folgende Vertreter gerechnet: Heinrich Heine, David Friedrich Strauß, Arnold Ruge, Bruno und Edgar Bauer, Ludwig Feuerbach, Max Stirner, Moses Heß, Karl Marx, Sören Kierkegaard. Zur Hegelschen Rechten zählen: Philipp Konrad Marheineke, Kuno Fischer, Johann Eduard Erdmann, Edgar Gans, Karl Rosenkranz und viele andere mehr.

“Die Spaltung der Hegelschen Schule beruht darauf, daß die bei Hegel in einem metaphysischen Punkt vereinigten Sätze von der Vernunft des Wirklichen und der Wirklichkeit des Vernünftigen nach rechts und links vereinzelt wurden - zunächst in der Frage der Religion und dann in der Politik. Die Rechte betonte, daß nur das Wirkliche auch das Vernünftige, und die Linke, daß nur das Vernünftige auch das Wirkliche sei, während bei Hegel der konservative und revolutionäre Aspekt, formell mindestens”, gleich wichtig sind. Karl Löwith, Auswahl und Einleitung, Die Hegelsche Linke, Stuttgart-Bad Cannstatt 1962, 6-38, 15

Ursprünglich, also etwa noch 1835, waren diejenigen, die der Hegelschen Linken zugerechnet werden, politisch auch gar nicht links eingestellt, zumindest gilt das von Sören Kierkegaard, während Edgar Gans, der Hegelschen Rechten zugeordnet, dem liberal-demokratischen Flügel, also der Linken, angehörte.

Die Politisierung des Linkshegelianismus trat erst in der Folgezeit hinzu, setzte erst allmählich ein und ist verbunden mit Arnold Ruge und den von ihm herausgegebenen Hallischen Jahrbüchern. Arnold Ruge darf überhaupt als der Organisator und intellektuelle Mittelpunkt des Linkshegelianismus angesehen werden.

Der markante Unterschied der Linken zur Hegelschen Rechten, die über sehr viel mehr Anhänger verfügte und entsprechend ein sehr breites Spektrum von Einstellungen abdeckte, lag darin, daß sich der Linkshegelianismus als eine Bewegung verstehen konnte. Vor allem wollte man den Eindruck vermeiden, bloß ein Epigonentum zu vertreten, bloße Nachfolgerschaft bei einer großen Sache zu sein. Der Linkshegelianismus besaß seine Substanz in einem veränderten Verständnis von Hegels Dialektik, nämlich den weitgehenden Verzicht auf den Begriff der Vermittlung, auf Versöhnung somit.

Die Linkshegelianer schlossen bezüglich des gegenwärtigen Staates und der gegenwärtigen Kirche jeden Gedanken an Versöhnung aus; an die Stelle der Vermittlung tritt die radikale Negation, tritt eine negative und unversöhnliche Kritik. Dabei waren die Linkshegelianer der Überzeugung, daß diese Interpretation der Dialektik der wahren, aber verborgenen Meinung Hegels entspreche.

Bei Strauß in seinem “Das Leben Jesu” ist der Gedanke der negativen Kritik noch etwas verhalten und vorsichtig formuliert, Ruge hat ihn in seinen Hallischen Jahrbüchern zunehmend radikal formuliert und bei Bruno Bauer schließlich gewinnt er die Form der extremen Radikalität.

Die Zeit der Theorie sahen die Linkshegelianer als beendet an: Hegels Philosophie galt als die wahre und endgültige Lehre. An die Stelle der Theorie sollte die Philosophie der Tat treten: Die letzten Philosophen sind keine Liebhaber der Philosophie, für sie zählt nur noch das Erfordernis der Zeit, der Zeitgeist. Vgl Löwith, a.a.O., 10 Das zentrale Motiv der Philosophie der Tat wird in der erstrebten Aufhebung der Entfremdung gesehen. Kurz, der Linkshegelianismus will ernst machen mit der Verbesserung der Welt, und diese bessere Welt wird sofort und auf der Stelle verlangt.

Im übrigen waren es eigentlich die Schriften der Linkshegelianer, die dafür sorgten, daß Hegel und seine Philosophie weltberühmt wurde; erst durch diese Bewegung konnte Hegels Philosophie breiteste Wirkung entfalten.